CIS/KIS
CIS bzw. zu Deutsch KIS bedeutet „ Klinisch isoliertes Syndrom“. Man versteht in Fachkreisen darunter eine frühe Verlaufsform der MS.
Was könnte das sein? Oder besser: Was soll es dem Betroffenen sagen? Habe ich nun MS oder habe ich keine MS? Bekomme ich ganz sicher MS, wenn ich KIS schon habe? Oder anders herum: Kann es sein, dass ich vielleicht doch keine MS habe?
Bevor wir den Begriff näher beleuchten, was interessant aber nicht das Wichtigste ist, schauen wir zurück in die Zeit, als es KIS noch gar nicht gab.
Wer vor zwanzig Jahren mit der Diagnose MS konfrontiert war, bekam eine Auskunft in der Art und Weise, dass zwischen möglicher MS, wahrscheinlicher MS und sicherer MS unterschieden wurde.
Das ließ Betroffene ratlos zurück. Was soll schon wahrscheinlich von möglich unterscheiden. Für beide Alternativen gab es die Hoffnung, keine MS zu haben. Da man sowieso nicht wusste und auch heute immer noch nicht weiß, was auf einen zukommt, bleibt immer das kleine Fünkchen Hoffnung: Mich hat es bestimmt nicht getroffen!
Heute hat man den Frischbetroffenen diese Unsicherheit vermeintlich genommen. Sie bekommen die Diagnose CIS/KIS.
Wir haben lange darüber nachgedacht, ob die heutige Verfahrensweise für uns, die Betroffenen, besser ist, als eine mögliche MS diagnostiziert zu bekommen.
Wir glauben, dass es vom Einzelnen und seiner Verarbeitungsfähigkeit abhängt und möchten es deshalb nicht kommentieren.
Jedenfalls gibt es keine Zweifel mehr, dass man klinisch MS hat.
Damit sind wir schon bei der Aneinanderreihung medizinischer Begriffe zu einer Verlaufsform der MS, die für viele Betroffene unverständlich Bleibt.
Klinisch
Klinisch heißt nicht mehr und nicht weniger, als dass ein Mediziner eine Einstufung in eine medizinische Kategorie vorgenommen hat. Wenn wir uns selbst diagnostizieren und feststellen, wir haben hundertprozentig MS, ist das nicht klinisch. Das heißt aber nicht, dass wir Unrecht damit hätten, sondern, dass wir aus medizinischer Sicht nicht die Kompetenz und damit nicht das Recht haben, etwas zu diagnostizieren.
Das ist ganz richtig so und hat sich bewährt. Man muss lange studieren, bevor man eine Diagnose aussprechen darf. Niemand möchte von jemandem behandelt werden, der keine Ahnung von dem hat, was er zu wissen nur vorgibt.
Wir brauchen also klinische Bestätigung und wir wissen jetzt, was klinisch heißt.
Isoliert
Unsere Mediziner können etwas isolieren und damit von allem anderen abgrenzen. Nach der Differenzialdiagnose, dem Ausschließen anderer bekannter Krankheiten, konnte man quasi MS isolieren, hat aber nicht alle Kriterien nach Mc Donald zusammen. Damit hat man eine ganz starke Vermutung, die nicht mehr weiter unterschieden wird nach wahrscheinlicher oder möglicher MS, obwohl nicht alle Kriterien erfüllt sind, die sich Mediziner natürlich auch nur ausgedacht haben, damit sie wissen, dass alle Neurologen über dasselbe sprechen; nämlich über MS.
Kommen wir zum letzten Wort in unserer Diagnose, dem Syndrom.
Das ist genauso einfach zu erklären, wie die Worte davor. Es lässt sich somit leicht erkennen: Das Ganze ist simpel und dient einfach der Standardisierung. Leider werden wir, die Betroffenen, darin nicht in den Prozess der Diagnosestellung eingebunden. Uns wird lediglich das Ergebnis in einer verquasten Sprache präsentiert, die wir nicht verstehen.
Also, du hast irgendwo permanentes Kribbeln. Dann ist es ein klinisches Symptom, wenn ein Arzt es mit MS in Verbindung bringt. Hast du dazu noch Doppelbilder, die auch auf MS schließen lassen, hast du schon zwei unterschiedliche Symptome, also ein Syndrom.
Ein Syndrom ist also eine Ansammlung von Symptomen, die auf die gleiche Krankheit schließen lassen.
So einfach ist das!
KIS ist eine MS, für die dem diagnostizierenden Neurologen ein Mc Donald-Kriterium fehlt, von dem er aber vermuten darf, dass es sich irgendwann vermutlich einstellen wird. Wenn man nun mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit weiß, dass eine MS kommen wird, warum ändert man nicht einfach die MC Donald-Kriterien? Wer weiß das schon? Jedenfalls gibt es mit Sicherheit MS-diagnostizierte Menschen, die nie wieder einen Schub haben werden. Wie soll die Medizin da wissen, wie viele das sind? Die gehen doch nie wieder in ihrem Leben zu einem Neurologen. Und liegt auch die Ursache für einen großen Mangel der Statistik. Man weiß nur etwas über kranke MSler, jedoch in der Regel nichts über gesunde.
Als eine vom Arzt bestimmte und eingegrenzte Ansammlung von MS-Hinweisen könnte man es nennen, denn nicht mehr und nicht weniger ist CIS/KIS.
Stattdessen liest man in den Leitlinien der Diagnose und Behandlung von MS Folgendes:
Als Anfangsstadium der klinischen Erkrankung wird das klinisch isolierte Syndrom (KIS) beschrieben. Bei Auftreteniner erstmaligen typischen klinischen Symptomatik (siehe Frühsymptome), die von der Präsentation auf ein
demyelinisierendes Ereignis deutet, fehlen hier die klassischen Kriterien der zeitlichen Dissemination (Miller et al.
2004). Multifokale MR-Läsionen wurden als ein erhöhtes Risiko eines raschen Übergangs zur MS angesehen (Tintore
et al. 2003). Mit der zweiten Überarbeitung der Diagnosekriterien nach McDonald kann heute schon die Diagnose
einer MS gestellt werden, wenn sich eine floride, jedoch klinisch asymptomatische Gadolinium aufnehmende Läsion
darunter befindet (Polman et al. 2011) (s. u.). Insgesamt erlauben die heutigen MS-Diagnosekriterien somit eine
frühere und spezifischere Diagnosestellung (Barkhof et al. 2003).
[1] Wenn ihr auf dieser Seite schaut, werdet ihr sehen, dass dieser Text für Ärzte gemacht ist und nicht für uns. Deshalb müssen oder sollen wir ihn wohl nicht verstehen.
Es liest sich leider ein bisschen so, als wolle man dem Neurologen helfen, schnell mal eine frühe Diagnose zu stellen. Man beachte die asbachuralte Quelle aus 2003. Die Pharmaindustrie freut sich auf jeden Fall, weil früher mit der Basistherapie begonnen werden kann.