Eid des Hippokrates

Jeder, der hier auf dieser Plattform gelandet ist, hat sicher schon einmal etwas von diesem Verhaltenscodex der Ärzteschaft gehört. Wer aber weiß, wie er genau lautet und was er für uns Patienten bedeutet? Wir haben lediglich eine verklärte Sicht auf diesen Codex, der uns eine ganz besondere Ethik und uneigennütziges Verhalten der Ärzteschaft vermuten lässt.

 

Aus dem Eid ist inzwischen ein Gelöbnis geworden. Das schwächt die Verantwortung für das Tun im Sinne des Codex gewaltig. Jeder Beamte muss einen Eid ablegen. Das verlangt sein Dienstherr. Ärzte tun dies nicht. Auf was oder wen sollten sie auch schwören. Sind sie doch unabhängige Unternehmer. Schornsteinfeger und Dachdecker handeln auch im Sinne ihrer selbst gegründeten Vereinigungen, in diesem Fall die Innungen. Es handelt sich quasi um das grobe Handlungs- und Verhaltensabkommen einer Berufsschicht, in das der Bürger etwas anderes hineininterpretiert, als es tatsächlich aussagt.

 

Für uns, die Patienten, ist es wichtig zu verstehen, dass der Codex vorrangig die Berufsgruppe, deren Zusammenhalt und das Tun der Ärzte stärken und schützen soll. Daneben wird auch der Schutz es Patienten angestrebt.

 

Hier also eine Fassung, in die erläuternde Kommentare in kursiver Schrift eingefügt sind, die keinen Anspruch auf Richtigkeit erhebt, die aber jeden von uns, der mit Ärzten gezwungenermaßen Kontakt hat, interessieren sollte.

 

WELTÄRZTEBUND

DEKLARATION VON GENF

 

verabschiedet von der

2. Generalversammlung des Weltärztebundes

Genf, Schweiz, September 1948

und revidiert von der

22. Generalversammlung des Weltärztebundes

Sydney, Australien, August 1968

und revidiert von der

35. Generalversammlung des Weltärztebundes

in Venedig, Italien, Oktober 1983

und revidiert von der

46. Generalversammlung des Weltärztebundes

Stockholm, Schweden, September 1994

GELÖBNIS:

Bei meiner Aufnahme in den ärztlichen Berufsstand gelobe ich feierlich: Mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen.

 

Wenn jemand am und für Menschen arbeitet, dann sollte Menschlichkeit im ethischen Sinn eine Selbstverständlichkeit sein. Das war aber wohl nicht immer so.

 

Ich werde meinen Lehrern die schuldige Achtung und Dankbarkeit erweisen.

 

Hierarchische Strukturen gehören zum Selbstverständnis des Berufsstandes des Arztes. Früher bestand sogar die Verpflichtung zur materiellen Absicherung der Lehrer.

 

Ich werde meinen Beruf mit Gewissenhaftigkeit und Würde ausüben.

 

Die Qualität der Arbeit wird damit auf eine Stufe mit der Unterordnung unter den Berufsstand gestellt. Welche Würde sollte sonst gemeint sein?

 

Die Gesundheit meines Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein.

 

Dieses Gebot zeigt, dass die Kunst des Arztes ein anderes Ziel haben kann oder einmal hatte. Experimente am Patienten dürfen unter Gefährdung dessen Gesundheit nicht durchgeführt werden.

 

Ich werde alle mir anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod des Patienten hinaus wahren.

 

Verschwiegenheit ist für uns, die Patienten, sehr wichtig, und sie stärkt gleichzeitig den tief verwurzelten Zusammenhalt des Berufsstandes.

 

Ich werde mit allen meinen Kräften die Ehre und die edle Überlieferung des ärztlichen Berufes aufrechterhalten.

 

An dieser Stelle wird nun der eigentliche Sinn und Zweck des Gelöbnisses auf den Punkt gebracht. Der Berufsstand und seine Ehre stehen über allem.

 

Meine Kolleginnen und Kollegen sollen meine Schwestern und Brüder sein.

 

Der vorherige Passus wird nun noch einmal dadurch bestärkt, dass die Verbindung der Ärzte untereinander mit der Beziehung zum eigenen Fleisch und Blut, der Familie, gleichgesetzt wird.

 

Ich werde mich in meinen ärztlichen Pflichten meinem Patienten gegenüber nicht beeinflussen lassen durch Alter, Krankheit oder Behinderung, Konfession, ethnische Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politische Zugehörigkeit, Rasse, sexuelle Orientierung oder soziale Stellung.

 

Dem gibt es nichts hinzuzufügen.

 

Ich werde jedem Menschenleben von seinem Beginn an Ehrfurcht entgegenbringen und selbst unter Bedrohung meine ärztliche Kunst nicht in Widerspruch zu den Geboten der Menschlichkeit anwenden.

 

Das ist der einzige Passus, der uns aufatmen lässt, der uns Vertrauen einflößt. Allerdings immer vorausgesetzt, dass die Gebote der Menschlichkeit durch die Gesellschaft nicht so ausgelegt werden, wie es in der Vergangenheit oftmals geschah. Da wurden kurzerhand ganze Bevölkerungsschichten entmenschlicht, wodurch ein Gewissenskonflikt nicht vermieden, aber abgeschwächt wurde.

 

Dies alles verspreche ich feierlich und frei auf meine Ehre.

 

Die Kommentare sollen zum Nachdenken anregen. Unsere Ärzte sind freischaffende Unternehmer mit einer straffen Berufsethik, die mit uns als Patienten geschäftlich nur sehr wenig zu tun haben. Der Glaube, es sei irgendwie anders, hat sicher etwas mit dem Bild des unnahbaren Menschen im „weißen Kittel“ zu tun.

 

Das soll die Leistungen von Ärzten, ihr Engagement und ihr Einfühlungsvermögen in unsere Belange nicht schmälern. Dennoch: Wir verstehen ihre Sprache meist nicht. Wir wissen nicht, ob sie das, was sie tun, auch richtig gut machen. Wenn wir es herausfinden, ist es vielleicht zu spät.

Dr. House behauptet jedenfalls: „Jeder Patient lügt!“

 

Wir vertrauen unseren Ärzten nicht mehr so, wie es frühere Generationen getan haben, weil der Informationsfluss durch das Internet in alle Teile der Gesellschaft fast grenzenlos geworden ist und Kunstfehler kaum mehr verborgen bleiben. Das hat die Barriere zwischen Arzt und Patient im Laufe der Jahre aufgeweicht, jedoch keinesfalls gänzlich beseitig. Die Ärzteschaft lässt sich möglichst nicht zu sehr in die Karten schauen.

 

Sollte Gesundheit nicht ein hoheitliches Gut sein, für das unser Staat, ohne Wenn und Aber verantwortlich ist, ohne dass es in vielen Bereichen unternehmerischem Gewinnstreben ausgesetzt wird?

 

Tipps

Betrachte deinen Arzt als Dienstleister mit Ehrencodex.

Sei dir gewiss, dass du ihm vertrauen kannst, wenn du dein Wohl in seine Hände legst. Sein Codex kann das nicht aufwiegen.

Hast du Bedenken oder schwindet das Vertrauen, dann wechsle den Arzt, wenn es möglich ist.

Hinterfrage alles, was dir gesagt wird.

Lass dir alles haarklein erklären (die Zeit muss sein).

Du solltest deinen Körper am besten kennen und einschätzen können.